POSITIVE-PROPAGANDA präsentiert Free Radicals @ Temporary Art(space) Eine Gruppenausstellung mit Original-Kunstwerken der wichtigsten Akteure der internationalen Street Art Bewegung. BANKSY, BLU, ESCIF, LIQEN, Mark Jenkins, NoNAME & Shepard Fairey aka Obey Giant unter der künstlerischen Leitung von Sebastian Pohl.
Bereits im 18. Jahrhundert erkannten Querdenker wie Friedrich von Schiller, dass die menschliche Sprache der Spiegel einer Gesellschaft ist, welche es dem Individuum ermöglicht, persönliche Gefühle, Werte und Gedanken mit anderen zu teilen.
Um so erschreckender ist es, wenn man auf dem Weg zur Arbeit, im Radio/TV/Internet oder beim Abendessen im Restaurant einmal genauer hinhört und sich darüber Gedanken macht, in welche Richtung sich eine einst aufgeklärte und von Goethe, Schiller oder Kant inspirierte Gesellschaft sowohl sprachlich als auch inhaltlich entwickelt.
Wertschätzende Worte wie fabelhaft, hervorragend oder gar wundervoll wurden dank der „Geiz ist Geil“-Ära sowie dank so genannter Opinionleader und Influencer durch die primitive Worthülse „geil!“ ersetzt, während uns zugleich die menschliche Fähigkeit zu reflektieren und zu werten scheinbar größtenteils abhandengekommen ist. Zugleich wissen immer weniger Menschen unserer privilegierten Gesellschaft, wer sie eigentlich sind und lenken sich von diesem innerlichen Zwist ab, indem sie sich bei Weißweinschorle und Bierchen über den stressigen Job beschweren, über das Leben anderer unterhalten oder die nächste Weltreise philosophieren.
Und während es in Bezug auf die aktuelle COVID-19 Pandemie immer wieder heißt, dass hinter jeder Krise auch eine Chance liegt, werden neue Worthülsen wie „systemrelevante Berufe“ als vermeintliche Wertschätzungen denen gegenüber generiert, die unsere Gesellschaft buchstäblich am Leben halten, während man selbst mit einem Glas Prosecco ganz im Sinne des „social distancing“ klatschend auf dem Balkon steht.
Unter dem Begriff „Neusprech“ umschrieb der britische Schriftsteller George Orwell bereits im Jahr 1948 in seinem Roman „1984“ das Konzept der Sprachmanipulation, deren Ziel es ist, sprachliche Ausdrucksmöglichkeiten einer aufgeklärten Gesellschaft gezielt zu beschränken, um ihr unterbewusst die Freiheit des Denkens zu entziehen und damit Tatsachen zu verbergen sowie die Ziele oder Ideologien der Anwender zu verschleiern. In diesem Zusammenhang könnte man als Metapher auch den Begriff der Verschwörung gegenüber einer aufgeklärten Gesellschaft anführen, wobei „Marketing" aktuell vermutlich „neutraler“ wirkt, zumal PR & Marketingagenturen auch nachweislich Millionen Umsätze generieren, während Verschwörungstheoretiker mit Aluhelmen durch die Welt laufen.
So wurde in der „Geiz ist Geil“ - Ära auch dem Begriff „radikal“ (vom lateinischen Radix - die Wurzel - abgeleitet) nach 9/11 eine neue Bedeutung zugeschrieben. Während man ihn zunächst im Zusammenhang mit religiösem Fanatismus oder politischem Extremismus verwendete, wurden fortan jegliche negativ konnotierten Entwicklungen als radikal abgewertet. Eine interessante Entwicklung in einer Zeit, in der sich der Großteil einer Gesellschaft zunehmend hinter Smalltalks und Oberflächlichkeit versteckt, Probleme wie den Klimawandel oder zunehmende wirtschaftliche Ungleichheit zwar als gegeben anerkennt, sich jedoch nicht mit den Wurzeln all dieser Herausforderungen und ihrer Lösung befassen möchte. Stattdessen verliert/vereinigt man sich lieber in einer undefinierbaren Mitte, um weder die eigene Position einzugestehen noch eine persönliche Haltung zu vertreten. Für Querdenker wie Greta Thunberg, Edward Snowden oder Martin Luther King, die sich in der Öffentlichkeit radikal zu den Ursachen globaler Ungerechtigkeit äußerten, ist in einer solchen Stimmung, wenn überhaupt, nur noch als Ikone oder Legende Platz.
Genau in dieser Zeit braucht es Kunstschaffende, die sich bestärkt durch das Privileg der im Deutschen Grundgesetz festgehaltenen Kunstfreiheit den gesellschaftlichen Herausforderungen über Geschlecht, Herkunft und politischer Couleur hinaus nicht nur radikal, sondern vor allem reflektiert annehmen. Es braucht Menschen, die durch ihr selbstloses Schaffen danach streben, einer breiten Öffentlichkeit alternative Sichtweisen und Positionen zugänglich zu machen, damit es in ein paar Jahrzehnten nicht wieder heißt, „wir haben von all dem doch überhaupt nichts gewusst“.
Nach wie vor vermuten viele Kunstinteressierte Kunstwerke sowie interventionen im Sinne der ursprünglichen Street Art Bewegung - wie sie vor allem von Aktivisten wie Banksy, BLU, Shepard Fairey oder Mark Jenkins geprägt wurde - in Städten wie Berlin, London oder New York.
In diesem Kontext vereint die Ausstellung „FREE RADICALS“ im Positive-Propaganda - temporary Art(Space) mehr als zwei Dutzend gesellschaftskritische Original-Kunstwerke der bedeutensten Akteure der internationalen Street Art Bewegung. Dabei handelt es sich jedoch nicht wie so oft um eine unter dem Label Street Art angepriesene Werkschau von Arbeiten, die auf Basis von persönlichem Geschmack zusammengestellt wurde. Vielmehr werden Werke von Kunst-Aktivisten gezeigt, deren sozialpolitische Murals (z.Dt. Wandgemälde) sowie Installationen und Interventionen der vergangenen Jahre bereits heute zu einem wichtigen Teil des Münchener Stadtbildes sowie der internationalen Kunstgeschichte geworden sind.
Mit dem Ziel, auch zukünftig unkonventionelle Kunstprojekte und Ideen weitherhin umsetzen zu können, haben einige der Künstler im Rahmen von"FREE RADICALS"in Kooperation mit OVERRATED ART INC. exklusive Editionen geschaffen, welche Sie weit unter den üblichen Preisen des Kunstmarkts, erwerben können. Die durch den Verkauf erzielten Erlöse kommen zu 100% der Umsetzung unabhängiger und vor allem freier Kunstprojekte zugute.
Ausstellungsdauer // 18. Juni – 1. August 2020
Gefördert vom Kulturreferat München mit freundlicher Unterstützung des Kommunalreferats der Landeshauptstadt München.